16.01.2020

Im Camper zu Hause – Ein gewöhnlicher Tag in Frankreich

Es macht nichts, wenn es langsam voran geht.
Hauptsache, du bleibst nicht stehen.

Konfuzius

 

Ein gewöhnlicher Tag für uns in Frankreich…

… beginnt auf einem Parkplatz. Dieser ist asphaltiert und nicht sonderlich idyllisch, sicher nicht naturnah, aber wir hören – wenn wir Glück haben – das Meer rauschen.

 

Ein typischer Tag in Frankreich fängt wie immer zu spät an.

Wir hängen uns kopfüber an unserem Bett runter und schielen in Alvas Schlafreich hinein, wo uns der kleine Zwerg lachend entgegenstrahlt. Meist ist es schon 08.30Uhr, wenn wir aus den Betten rollen und ich gehe runter in Alvas „Höhle“, um mich mit unter ihre bauschige und für den kleinen Raum viel zu gewaltige Daunendecke zu legen. Dann folgt obligatorisches, morgendliches Fluchen, denn die Daunen sind allesamt in eine Ecke der Decke gerutscht und lassen sich bei dem winzigen Platz nicht zurück schütteln. Also decke ich mich mit einem Zipfel Laken zu. Dann wird ausgiebig gekuschelt. Hat man sich erst einmal in Alvas kleines Reich gezwängt, so ist es dort wunderbar  gemütlich. Von einer Lichterkette sanft erhellt, reihe ich mich zwischen Teddys und Puppen ein und beobachte durch das Fenster, wie sich so langsam die Dämmerung abzuzeichnen beginnt.

In Frankreich wird es sehr spät hell. Erst gegen 8.30Uhr morgens fängt es zu dämmern an. Alva und ich lesen Bücher, während Wallo Kaffe zubereitet. Gegen neun Uhr, wenn das rosa Morgenlicht durch Alvas zwei kleine Fenster scheint, wuchte ich mich mit meinem immer dicker werdenden Bauch hinaus und wir alle treffen uns am Esstisch im Wohnzimmer. Wir schlürfen Kaffee und Alva ihre geliebte Hafermilch.  Ist die erste Tasse geschafft und unser Geist langsam erwacht, machen wir die ersten Pläne – für das Frühstück. Wallo startet den Motor und wir fahren zu einer Boulangerie, einem Bäcker. Baguette schmeckt am zweiten Tag leider nur noch zäh und pappig, daher holen wir es morgens immer frisch. Ich mit Alva den Tisch, während Wallo das Buaguette kauft. Gegen 9.30Uhr ist es dann Zeit für das Frühstück und die zweite Tasse Kaffee. Unser Frühstücksklassiker hier in Frankreich ist frisches Brot (sofern vorhanden), mit Avocado, Zwiebeln, Oliven und Tomaten drauf. Gewürzt wird mit Salz und Pfeffer und gern einer scharfen Paste. Wir lieben es, scharf zu essen und seit ich schwanger bin, ist es sogar noch schlimmer geworden. Da darf der Tag auch gerne feurig beginnen.

Wenn wir gegen 10.30Uhr fertig mit der Schmauserei sind, geht es ans Abwaschen, Aufräumen, Umräumen und Wegräumen, sodass wir es – wie immer – erst zu 11 Uhr schaffen, fertig auf den Plätzen zu sitzen, um los zu fahren.

 

Ach wenn der Tag nur 48 Stunden hätt‘ 

Doch dann gilt es zu tanken, Lebensmittel  einzukaufen, die Gasflasche zu wechseln, Öl nach zu kippen und schwupps, ist es Mittag durch. In den meisten Fällen gibt es noch irgendein Problem zu lösen, wie einen klemmenden Scheibenwischer, einen leckenden Wasserhahn, eine gebrochene Gardinenstange oder einen defekten Router. Mitunter verbringen wir die frühen Nachmittagstunden ungewollt in einem Fachmarkt oder sind auf der Suche nach einem.

Haben wir endlich alles erledigt – zumindest für den Augenblick – stellen wir mit einem Blick auf die Uhr fest, dass es bereits nach 15 Uhr ist, wir Hunger haben und es sich kaum noch lohnt, weiter zu fahren. Dann beratschlagen wir Drei darüber, was es zum Abendessen geben soll und fahren zum ursprünglichen Parkplatz zurück.

In solch einer Situation kämpfe ich dann mit meinem noch viel zu rastlosem und frustrierten Selbst, welches so viel vor hatte an diesem Tag und schlussendlich wieder zu nichts gekommen ist. Manchmal verliere ich den Kampf und maule dann ein paar Minuten vor mich hin, schiebe es auf die Schwangerschaft und finde es in dem Moment absolut ok, das ich jetzt nun mal maule und das solle gefälligst von allen verstanden und akzeptiert werden. Das hält Gott sei Dank nicht lange an, denn ich finde einfach keinen Schuldigen für meinen Muff und bin dann von mir selbst genervt. Und so verpufft die schlechte Laune schlussendlich, dank Wallos stets ruhiger und verständnisvoller Art oder ich muss schlagartig lachen, weil Alva einen kessen Spruch macht, die Arme in die Luft wirft und mit schief gelegtem Kopf und belehrender Mine mich ansieht und meint:  „Mami, manchmal ist das Leben eben so. Da kann man nichts machen.“.  Ja, Recht hat sie ja.

Sollten wir es doch einmal früher geschafft haben los zu fahren, so sind wir  an einem typischen Fahrtag in Frankreich vielleicht 2 Stunden unterwegs, bevor wir bereits wieder auf Stellplatzsuche sind. Denn gegen 17Uhr wird es langsam dunkel, 17.30Uhr geht im Januar die Sonne unter und wir möchten im besten Fall noch im Hellen unseren Patz für die Nacht finden, daher bleibt uns nach unserer gemächlichen Morgenroutine nicht viel Zeit.

 

Nichts geht über Gemütlichkeit

Haben wir unser Plätzchen gefunden, dann geht es am Abend gemütlich zu. Manchmal kocht Wallo uns ein leckeres Essen, meist aber koche ich, da Wallo von Alva und ihren Handpuppen gefordert wird. „Papi, kannst du Puppentheater spielen, Biiitteeee?“, heißt es dann von unserer Kleinen. Da kann Papi natürlich nicht nein sagen und hockt sich hinter den Fahrersitz, während Alva im Wohnzimmer sitzend gebannt nach vorne schaut. Dann geht´s los. Papi gibt sein Bestes, doch wirft er alle Märchen durcheinander. Gott sei Dank kennt sich Alva bestens aus und korrigiert ihn unermüdlich, bis sie schließlich das Zepter selbst in die Hand nimmt, hinter den Fahrersitz klettert  und an Wallos Stelle weiter spielt. Ich versuche derweil mich aufs Essen machen zu konzentrieren, muss aber meist laut loslachen, wenn ich den beiden beim Spielen zu höre. Irgendwann gibt Wallo dann auf und denkt sich eigene skurrile Märchen aus, dass einem ganz Angst und Bange wird. Es wird Zeit, dass ich ihm ein paar klassische Märchen vorlese!

Kein Abendessen ohne Kerzenschein. Gemütlichkeit geht uns über alles (zumindest mir) und so zünde ich an jedem Abend ein paar Kerzlein an und wir genießen zusammen das Essen. In den meisten Fällen zünden wir zusätzlich den Kamin an. Es gibt nichts schöneres, als im Winter im Van zu reisen, wenn ein kleiner Holzofen vorhanden ist.

Immer abwechselnd bringt einer von uns Alva ins Bett, während der andere abwäscht und aufräumt. Nach einer kurzen Geschichte aus Alvas Büchersammlung und einem Gutenachtlied, schläft sie meist zügig und selig ein. Wir freuen uns jedes Mal aufs Neue, wenn wir sehen, wie gerne sie in ihr neues Bettchen geht.

Den Abend verbringen wir in dem Versuch endlich etwas zu arbeiten, Berichte zu schreiben, Fotos zu bearbeiten, Dinge zu sortieren oder Technik zu reparieren.

Gegen 23.30Uhr krabbeln Wallo und ich hoch in unser Bett, die Köpfe an der Hecktür ruhend und  lassen den Blick durch den Bus bis an die Frontscheibe gleiten. Wir durchblicken 7m Auto! Mein Gott,  wie groß unser neues Zuhause doch ist!

Für den nächsten Morgen nehmen wir uns ganz fest vor, endlich einmal früher in die Gänge zu kommen! Diesmal wirklich!

Eure nicht aufgebende Melli